Johann Walter, der erste evangelische Kantor

In der Blanckenmühle, die einst in Kahla stand, wurde 1496 Johann Walter geboren. Getauft wurde er sicher in der damals neuen Stadtkirche. Er besuchte die angesehene Lateinschule der Stadt.

Nach dem Studium in Leipzig wurde Johann Walter Sänger an der Hofkapelle in Torgau. Dort lernte er die Ideen der Reformation kennen und wurde für Martin Luther Freund und musikalischer Berater. In der Zeit des allgemeinen Auf- und Umbruchs (Bilderstürmer) gelang es beiden, die Künste, insbesondere die Musik, dem evangelischen Gottesdienst zu erhalten.

Die Reformation in Europa war eines der weitreichendsten Ereignisse der Weltgeschichte. Ihre Auswirkungen waren in fast allen Lebensbereichen des westlichen Kulturkreises spürbar und wirken bis heute fort, auch auf dem Gebiet der (Kirchen-)Musik.

Luther strebte an, dass die Gemeinde den Gottesdienst in Text, Liturgie und Musik verstehen könne. Die Musik sollte für jeden, ob musikalisch gebildet oder nicht, zugänglich sein. Luther und Walter kombinierten volkstümliche Melodien mit geistlichen Texten und schufen damit einfache, eingängige Lieder. Das Singen von Kirchenliedern wurde in der Folge so populär, dass man von der Lutherischen als der „singenden Kirche“ sprach.

Indem Johann Walter die bekannten Melodien der Kirchenlieder dann in seinen Choralmotetten als cantus firmus verwendete, machte er auch kompliziertere Kompositionen für die Hörer attraktiv. Johann Sebastian Bach folgte mit der häufigen Verwendung von Chorälen in seinen Kompositionen (Kantaten, Passionen, Orgelmusik) diesem Vorbild. Johann Walters Schaffen bildet ein Fundament, auf dem ein großer Teil der bedeutenden Musik späterer Epochen aufbaut.

Viele Liedtexte der Reformationszeit fassten Grundaussagen der reformatorischen Lehren besonders prägnant und verständlich zusammen. Walters Vertonungen trugen wesentlich dazu bei, dass die neue Lehre gesungenerweise schnell unters Volk gebracht wurde.

Johann Walters 1524 in Zusammenarbeit mit Luther erschienenes "Geystliche gesangk Buchleyn“ hatte größten Einfluss auf die während der Reformationszeit entstehenden Gesangbücher und fand rasche Verbreitung. So ist auf Hans Holbein des Jüngeren (Hofmaler des englischen Königs Heinrichs VIII.) Gemälde „Die Gesandten“ (1533) das aufgeschlagene Tenor-Stimmbuch der zweiten Ausgabe (1525) des Gesangbüchleins zu sehen.


Chöräle mit Texten und/oder Melodien von Johann Walter sind noch heute im Gesangbuch enthalten. Inzwischen ist bekannt, dass auch die Melodie des Reformationschorals "Ein feste Burg ist unser Gott" mindestens unter Mitarbeit Johann Walters entstand.


1526 wird Johann Walter in Torgau Kantor der ersten städtisch-bürgerlichen Kantorei und zugleich Lehrer an der städtischen Lateinschule. Somit wird er Vorbild für das Berufsbild "Kantor & Lehrer", das das kirchliche und kulturelle Leben in Mitteldeutschland bis etwa 1945 geprägt hat. Schüler Walters in der Kantorei der Torgauer Lateinschule waren u.a. der Vater von Michael Prätorius und Georg Otto, der später Lehrer von Heinrich Schütz wurde.

Am 10. April 1570 verstarb Johann Walter in Torgau. Seiner Heimatstadt Kahla blieb er zeitlebens verbunden. Das kommt auch in seinem Testament zum Ausdruck, das in Kahla erhalten blieb.

Der evangelische Kirchenchor von Kahla trägt den Namen „Johann-Walter-Kantorei“. In Kahla befindet sich an der Stadtkirche eine Gedenktafel, und es gibt einen Johann-Walter-Platz mit einem Gedenkstein. Die Stadt gab sich 2017 den Namenszusatz "Johann-Walter-Stadt".

Der großen musikalischen Innovationskraft, die uns in Walter begegnet, wird in seiner Heimatstadt mit dem Bau der Johann-Walter-Orgel ein Denkmal gesetzt. 


Hören und sehen Sie
Johann Walter: "Ein feste Burg ist unser Gott"
Johann Walter: "Allein auf Gottes Wort"

Johann Walter: "Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort" (2 Strophen)
Johann Walter: "Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort" (4 Strophen)
Johann Walter: "Wach auf, wach auf, du deutsches Land"
Johann Walter: "Nun bitten wir den Heiligen Geist"

Johann Walter: "Mit Fried und Freud ich fahr dahin"
Johann Walter: "Nun komm der Heiden Heiland"
Johann Walter: "In dulci jubilo"

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Mehr Fotos

„Ein feste burgk ist vnser got“: eigenhändige Niederschrift Johann Walters (Torgauer Walter-Handschriften 1535-36, Germanisches Nationalmuseum Nürnberg) Germanisches Nationalmuseum Nürnberg JW-Tafel an der Stadtkirche Kahla  M. Hellwig Testament Johann Walters Eigenhändige Unterschrift M. Hellwig JW-Gedenkstein in Kahla  R. Franke-Polz Johann Walter Chorgesangbuch  wikicommons